Selbstgspräch eines Menschen, der die Hölle des Alkohols verlassen will.

 enedikt Gresser Diplompsychologe, Psychologischer Psychotherapeut und Trainer (PD)

Der unschätzbare Vorteil, der menschlichen Natur ist es, daß wir einer Situation begegnen können aus verschiedenen Positionen mit unterschiedlichen Konstellationen einer Fülle von persönlichen Eigenschaften, die uns unbemerkt zur Verfügung stehen.

Schon als Kinder zeigen wir einen erstaunlichen Reichtum an Variationen bei Rollenspielen. Schon als Kinder erleben wir, wie die grundlegend sich die momentan wahrgenommene Welt in einer Rolle (Prinzessin, Held, Löwe Taube …) verändert.

Dieses Potential können wir nutzen, um einer Situation, der wir mit den bisher bevorzugten Strategien nicht gerecht werden, anders und mit anderen Augen, Fähigkeiten und Möglichkeiten zu begegnen.

Wenn wir uns nur vorstellen, daß wir auf eine Bedrängnis so reagieren könnten wie Menschen denen wir die Fähigkeit zu siegen zutrauen, verändert sich unsere eigene Wahrnehmung der Situation so, dass neue Bedingungen und neue Möglichkeiten sichtbar werden und wir uns plötzlich den Herausforderungen gewachsen fühlen.

Menschen die trinken, glauben, Verachtung verdient zu haben und fühlen sich dem Drängen des „Retters“ Alkohol ausgeliefert und entsprechend unfähig. Andere schaffen es, „ nur ich nicht“. Die eigene Verachtung ist größer als was aus der Umgebung zu hören und zu sehen ist.

Die Selbstverachtung lädt auch dazu ein, schon in neutralen Fragen Vorwürfe zu hören.

Der Alkoholiker im „Der Kleine Prinz“ (Saint Excuperry) zeigt das Problem in ebenso kurzen wie einfachen Worten:

„Ich trinke, weil ich mich schäme. Ich schäme mich weil ich trinke.“

Je mehr sich die Wahrnehmung einschränkt auf „Trinken oder nicht trinken“ , desto mehr treten die wirklich erfolgversprechenden Lösungen, aus dem Blickfeld der Wahrnehmung.

Wie wollen wir einen Weg finden, wenn wir mit der falschen Landkarte unterwegs sind, wenn wir nicht wissen, womit wir unterwegs sind und welchen Weg wir gehen können.

„Komm, ich möchte Dir jetzt etwas sagen.“

Stelle Dir vor, Du sitzt Deinem trinkenden Selbst an einen Tisch gegenüber.

Dann nimmst Du seine Hand ganz sanft in Deine und schaust ihn wohlwollend, wenn Du schon kannst, liebevoll an.

„ Hallo Du, schau mich ruhig an. Kannst Du erkennen, daß ich Dir freundlich gesinnt bin.

Dir geht es nicht gut, stimmts?

Ich habe eine gute Nachricht für Dich.

Es gibt etwas Besseres als Alkohol.

Weißt Du, in der Welt, in der Du gerade lebst und in der Du schon so lange leidest, aus dieser Welt kannst Du nicht entkommen, auch wenn Du betrunken bist – nur scheinbar.

Ich glaube auch, Du weißt das und deswegen bist Du auch verzweifelt.

Du weisst, wie es ist, sich ein paar Momente, sich eine kurze, aber eben auch vorübergehende Zeit so angenehm erlöst fühlen zu können und dann am nächsten Morgen wie ein Trottel da zu stehen, der es nicht geschafft hat und sich körperlich und als Mensch ganz mies fühlt.

Und dann bemerkst Du , dass Dein Leben sich immer mehr reduziert auf diesen Wechsel zwischen Erlösungspausen, die kürzer und kürzer und Leidensphasen, die länger und unerträglicher werden.

Da ich Dich mag, will ich nicht, dass Du Deine Kraft unnötig verschwendest, um in einer solchen Welt auszuharren.

Ich möchte Dich in meine Welt einladen, wo Du statt Vorwürfen, Ablehnung und Scham, Liebe begegnen wirst.

Weißt Du, dass einer meiner wichtigsten Gründe, Dich einzuladen, der ist, dass ich Dich brauche, weil Du im Leiden erprobt bist und weißt, was Leiden heißt. Weil Du die Anzeichen kennst, wenn sich Schmerz und Leiden ankündigt. Und Du brauchst mich, weil ich Probleme mit Liebe lösen kann.

Zuerst will ich Dir danken für all das, was Du auf Dich genommen hast, damit wir jetzt auf so wichtige Erfahrungen zurückgreifen können. Dazu brauchen wir nicht die Vergangenheit wieder aufleben zu lassen und wieder aufs neue genau dort hineingeraten, mit den ganzen Beschränkungen, denen Du dort ausgesetzt warst.

Wir können uns das ganze aus der Entfernung, von hier aus, anschauen, wo wir erkennen können, was wir gelernt haben und was wir jetzt daraus machen können und wollen.

Weißt Du, die Welt ist nicht nur so, wie Du sie kennst:: voller Schmerz und Enttäuschungen. Sie ist ebenso voller Liebe und Freude..

Komm mit, ich mag Dich und will Dich an meiner Seite haben. Und sollte ich Dich verlieren, werde ich solange suchen, bis ich Dich wieder gefunden habe. Das bist Du wert. Was schlecht geworden ist, ist Deine Lebensweise und nicht Deine Persönlichkeit, die durch Dein Trinken leidet und es verdient hat, aus dieser Gefahrenzone befreit zu werden.

Und Du wirst es oft schon gehört haben: Alkoholiker – immer Alkoholiker. So als würden sie sich gleichen, wie ein Ei dem anderen.

Es wird auch behauptet, dass „Trinker“ zu Veränderungen nicht in der Lage sind, wo Grenzen überschritten werden, und das meist von Leuten, die sich einfach nur deshalb als die Besseren und Größeren fühlen, weil sie bisher das Glas rechtzeitig abgestellt haben

Wir werden gemeinsam Deine Hoffnungen, Deine Träume, Deine Fähigkeiten und Deine Liebe finden und an die oberste Stelle setzen und ich freue mich darauf, mit Dir daraus eine wunderschöne Welt zu gestalten, wo es Glück, Freude und Liebe gibt. Eine Welt, in der es sich lohnt zu leben.

In dieser Welt wird es auch möglich sein, aus Schwierigkeiten Herausforderungen und aus Problemen Ziele zu machen, aus Leiden und schlechten Erfahrungen persönliche Stärken. In dieser Welt sind Schmerz, Enttäuschungen und Verletzungen nicht vergeblich.

Hast Du gewußt, dass Muscheln erst einen Stein schlucken und daraus dann diese so schöne und kostbare Perle entsteht.

Neulich habe ich da eine kleine Geschichte gehört, die ich Dir erzählen will:


Eine stachlige Raupe sprach zu sich selbst:
Was man ist, das ist man.
Man muss sich annehmen, wie man ist
mit Haut und Haaren.
Was zählt, das ist das Faktische.
Alles andere sind Träume.

Meine Lebenserfahrung
lässt keinen anderen Schluss zu:
Niemand kann aus seiner Haut.

Als die Raupe dies gesagt hatte,
flog neben ihr ein Schmetterling auf.
Es war, als ob Gott gelächelt hätte.

Von Lindolfo Weingärtner


Kannst Du Dir vorstellen, wie dunkel es für eine Raupe wird, wenn sie sich anfängt zu verpuppen.

Und gerade in dieser Dunkelheit entwickeln sich diese herrlichen Farben, für die Schmetterlinge so geliebt und bewundert werden.


Also komm einfach mit und laß uns gehen.“

© Benedikt Gresser

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